FAMILIE 2004 - Wann können wir wieder Kinder kriegen?



Im Cord, 7. Oktober 04


"Offener Salon". So war es an der Tür des Cords zu lesen. Zielstrebig folgten rund 50 Interessierte der implizierten Aufforderung, den "Offenen Salon" mit Leben zu füllen. Mit Blick auf das abendliche München und im Halbdunkel der dezenten Baratmosphäre leiteten Marie Oetker und Nikolaus Röttger die Diskussionsrunde zum Thema: "Familie 2004 – Wann können wir wieder Kinder kriegen?".

Bereits zum fünften Mal lud die Münchner Denkfabrik münchenPolis zu einem offenen Gedankenaustausch. Das Konzept ging erneut voll auf. Die anwesenden Mit-Zwanziger bis Mit-Dreißiger gönnten den vier "Familienexperten" auf dem Podium keine Verschnaufpause. Besonders die Frage nach der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf und damit verbunden die finanzielle Situation junger Familien standen im Mittelpunkt der Diskussion.

Prof. Irene Gerlach (Universität Münster) hielt dem Publikum einen Spiegel vor und erklärte anhand des Opportunitätskostenansatzes die Lebensplanung der jungen Generation: Paare müssen sich bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches für finanzielle Nachteile und den Karriereverzicht eines Partners entscheiden. Das Kinderkriegen wird also verschoben bis die finanzielle Absicherung stimmt. Ist diese dann gegeben, fehlt meist der entsprechende Partner. Das klassische Familienmodell – mit Papa, Mama, Kind und Hund – wird kaum mehr gelebt. Ein Szenario, das Simone Vosswinkel (Familienpartei Deutschland) nach der Wertigkeit im Leben fragen ließ. Dr. Bettina Ensslin (Betapharm) erläuterte daraufhin ihren persönlichen "Emil-Service"– die Betreuung des Sohnes in Absprache mit ihrem Mann und mit Hilfe der flexiblen Arbeitszeitgestaltung innerhalb des Unternehmens –, der ihr einen schnellen Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichte. Mirtan Teichmüller (Waldkindergarten Bad Tölz) schilderte im Anschluss seine Motivation zur Gründung eines Kindergartens.


Im Gespräch v.l.:
Mirtan Teichmüller, Prof. Irene Gerlach, Marie Oetker, Simone Vosswinkel, Dr. Bettina Ensslin, Nikolaus Roettger


Kommentare und Nachfragen forderten die Referenten. Von verfehlter Familienpolitik über die Verantwortung von Unternehmen bis hin zum Zusammenbruch des Generationenvertrages reichten die Diskussionsbeiträge. Ein typisch deutsches Streitgespräch? Nicht ganz; der weitgehend negativen Ausgangsanalyse schloss sich die engagierte Zusammenfassung eines münchenPolis-Zuhörers an, die Aufbruchstimmung verbreitete: der Appell an uns, die junge Generation, stand plötzlich im Raum: Kriegt Kinder, habt Spaß am Leben und schaut nicht nur auf den persönlichen finanziellen, sondern auch auf den menschlichen Wohlstand. Nehmt das Leben selbst in die Hand und werdet aktiv. "Nebeneinander" von Kindern und Karriere wagen anstelle dem üblichen "Nacheinander"! Diese Worte erhielten Zustimmung auch auf dem Podium.

Damit hat der "Offene Salon" tatsächlich erneut Raum geschaffen für einfache und nahe liegende Lösungen. Und auch die sich im Laufe des Diskurses abzeichnende Wandlung der zunächst unbeteiligten Zuhörerschaft hin zu einer betroffenen Gemeinschaft unterstreicht Ziel und Zweck der Veranstaltung: Aufmerksamkeit erregen und Sensibilität schaffen für die Themen der jungen deutschen Generation. Das Fazit stimmt hoffnungsvoll: Habt Lust auf Kinder kriegen – jetzt!


Autor: Sabine Busse, münchenPolis